Expertenwissen

Wachserscheinungs­temperatur WAT

Definition Wachserscheinungstemperatur WAT

Die Wachserscheinungstemperatur WAT ist die Temperatur, bei der sich in einem Rohöl oder einem Ölprodukt die ersten Wachskristalle bilden. Die Wachskristalle bleiben zunächst feinverteilt in der Flüssigkeit als Suspension. Die WAT gibt also an, wann sich erste Wachskristalle bilden. Sie gibt allerdings keine Aussage darüber, bei welcher Temperatur und in welcher Menge sich die Wachskristalle an kühleren Oberflächen ablagern.

Bestimmung von WAT & WDT

Messgraph OWD, WAT Bestimmung Crude oil
Bestimmung des WAT bei einem Crude oil, Abkühlrate 1 °C/min, WAT = 23,1 °C

Die Bestimmung der Wachser­scheinungs­temperatur WAT und der Wachsablagerungstemperatur WDT sind möglichst genau durchzuführen, um die Transportstabilität zu beurteilen. Die Wachserscheinungs­temperatur eines Rohöls oder eines Ölproduktes ist unabhängig von den Umgebungsbedingungen. Die Wachskristallisation ist ein physikalischer Prozess. Die Wachsablagerungstemperatur kann dagegen bei einem Produkt stark variieren, da sie von mehreren Einflussfaktoren z.B. Temperaturdifferenz zwischen Flüssigkeit und Oberfläche, Oberflächenbeschaffenheiten, Fließgeschwindigkeit u.a. abhängt.

Bei der Bestimmung der Wachserscheinungstemperatur muss die Temperierung möglichst langsam erfolgen, damit man dicht am thermischen Gleichgewichtszustand bleibt und die Kristallisation ausreichend Zeit hat. Zu schnelles Abkühlen führt zu verzögerter Kristallisation. Das erhaltene Messergebnis der WAT liegt dann zu niedrig und ist damit verfälscht. Die Wachsablagerungstemperatur muss dagegen möglichst unter realistischen Umgebungsbedingungen des Transports oder der Lagerung bestimmt werden. Die unterschiedlichen Messmethoden betrachten daher verschiedene Parameter.

Messmethoden zur Bestimmung der WAT - ein Überblick

Es gibt verschiedene Messmethoden zur Bestimmung der Wachserscheinungstemperatur WAT. Die Verfahren unterscheiden sich hauptsächlich in der Genauigkeit, im zeitlichen, personellen und apparativen Aufwand. Die benötigte Probenmenge ist bei allen Methoden sehr gering. Die folgende Übersicht ist sortiert nach absteigender Genauigkeit. Sie enthält die Cross Polarization Microscopy CPM, die Cross Polarization Translucency CPT und die Dynamische Differenzkalorimetrie DSC.

Cross Polarization Microscopy CPM

Die CPM-Methode ist eine Mikroskopie mit polarisiertem Licht. Es nutzt den Effekt, dass sich bildende Wachskristalle die Polarisationsebene des Lichts ändern und somit nachgewiesen werden können.

Konkret wird eine aufgeschmolzene Probe in einer Temperierzelle als dünne Schicht auf ein Durchlichtmikroskop aufgebracht. Unter und über der Probe werden Polarisationsfilter 3 so eingestellt, dass kein Licht mehr durch die Filteranordnung dringt. Dies ist dann der Fall, wenn die Polarisationsebenen der Filter zueinander im 90°-Winkel stehen. Das Licht, welches normalerweise ungehindert durch die Probe dringen würde, wird nun zunächst am ersten Filter (Primärfilter) polarisiert, durchdringt dann die Probe und erreicht den zweiten Filter (Sekundärfilter, Analysator), wo es aufgrund der senkrecht stehenden möglichen Schwingungsebene nicht passieren kann.

Genutzt wird bei der CPM, dass Kristalle in Lösungen die Polarisationsebene von Licht drehen, also verändern können (optische Anisotropie). Kommt es nun beim Abkühlen der Probe zur Kristallbildung, dann drehen diese Kristalle die Schwingungsebene des polarisierten Lichts. Im vorher dunklen Sekundärfilter erscheinen nun Lichtpunkte an den Stellen, an denen sich Wachskristalle befinden. Das erste Auftreten dieser Lichtpunkte stellt die Wachserscheinungstemperatur dar. Aufgrund der starken Vergrößerung durch das Mikroskop zeigen sich auch kleinste Kristalle deutlich. Diese Methode ist sehr genau, jedoch auch zeit- und personalaufwendig, da zumeist direkt optisch beobachtet wird.

Vorteile und Nachteile der CPM-Methode

Vorteile
Nachteile

Cross Polarization Translucency CPT

Die Cross Polarization Translucency Methode (CPT) basiert auf dem Prinzip der Kreuzpolarisation und verwendet polarisiertes Licht in Kombination mit einem hochempfindlichen Lichtsensor anstelle eines herkömmlichen Mikroskops. Ähnlich wie bei der CPM-Methode wird dabei die Eigenschaft von Wachskristallen genutzt, die Polarisationsebene des Lichts zu drehen. Dieser Effekt ermöglicht eine präzise Detektion.

Die CPT-Methode findet Anwendung im Optical WAT Detector (OWD). Dabei werden wenige Tropfen der Probe auf die temperierbare Messzelle des OWD aufgetragen. Anschließend werden die beiden Polarisationsfilter, die oberhalb und unterhalb der Probe positioniert sind, manuell so ausgerichtet, dass das polarisierte Licht vollständig ausgelöscht wird und der Lichtsensor kein Signal mehr registriert.

Nach der Justierung temperiert der OWD die Probe auf eine definierte Starttemperatur, beginnt die Messung. Anschließend kühlt die Probe langsam und gleichmäßig bis zur festgelegten Endtemperatur ab. Sobald sich erste Wachskristalle bilden, verändern diese die Polarisationsebene des Lichts, was zu einem messbaren Anstieg der Lichtintensität auf dem Sensor führt. Der Moment dieses ersten Intensitätsanstiegs und somit der Beginn der Kristallisation wird als Wachserscheinungstemperatur (WAT) erfasst. Diese neuartige Methode liefert hochpräzise Ergebnisse und ist mit der bewährten CPM-Methode vergleichbar.

Die zugehörige Software zeichnet sowohl den Temperaturverlauf als auch die gemessene Lichtintensität auf. Beides wird als Graph dargestellt und ermöglicht somit eine schnelle, exakte Auswertung der Messdaten.

Vorteile und Nachteile der CPT-Methode

Vorteile
Nachteile
Optical WAT Detector OWD Front links

Optical WAT Detector

Der Optical WAT Detector OWD erlaubt eine schnelle und präzise Messung der Bildung der Wachskristalle in Ölproben. Dies geschieht mit der integrierten Heiz- und Kühleinheit und dem hochsensiblen Lichtsensor.

Dynamische Differenzkalorimetrie / Differential Scanning Calorimetry DSC

Die Dynamische Differenzkalorimetrie misst die Wärmemenge, die eine Probe aufnimmt oder abgibt im Vergleich mit einer Referenzprobe, welche dem selben Temperaturprofil unterworfen wird. Wenn sich die Differenz der Wärmemengen zwischen Probe und Referenz ändert, ist dies ein Hinweis, dass sich das thermische Verhalten der Probe geändert hat. Änderungen im thermischen Verhalten der Probe sind durch vielfältige physikalische und chemische Prozesse hervorrufbar z.B. chemische Reaktionen, Kristallisation, Verdampfen etc.

Für die Bestimmung der Wachserscheinungstemperatur ist der Vorgang der Kristallisation von Interesse. Diese ist stets mit einer Wärmeflussänderung verbunden. Phasenänderungen wie die Kristallisation sind stets endo- oder exotherm, also „wärmeverbrauchend“ oder „wärmeerzeugend“. Dies führt zu einer geringfügigen Abweichung vom thermischen Verhalten zur Referenzprobe und kann als WAT bestimmt werden. Da aber eine gewisse Menge an Wachs kristallisieren muss, um ein Signal zu messen, verschiebt sich das Ergebnis hin zu tieferen Wachserscheinungstemperaturen im Vergleich zu den optischen Messmethoden.

Vorteile und Nachteile der DSC-Methode

Vorteile
Nachteile
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